
Im letzten Special hat Thomas dir verraten wie er süchtig nach den kleinen pinken Bällen wurde. Jetzt lege ich meine Lebensbeichte ab. Hallo, mein Name ist Martin und ich bin süchtig. Süchtig nach Bullethell!
Ich begann meine Zockerkarriere als Nintendo-Kiddie. Mit dem Gameboy fing alles an, dann kam das SNES. Auf beiden Geräten habe ich gerne R-Type gespielt, und auch die von Thomas erwähnten Shmup-Level in Super Mario Land fand ich richtig toll. Natürlich kannte ich den Ausdruck Shoot ‚em Up damals noch nicht, und das Ruckeln bei Super R-Type ist mir nichtmal aufgefallen. Ich liebte Zelda, Mario und die Rollenspiele. Als das Nintendo 64 kam habe ich nahtlos weitergemacht und begeistert jeden Bluttriefenden Egoshooter gefeiert.
Mit dem Ende des N64 begann eine lange Durststrecke, die ich nicht abwarten wollte. Die Playstation habe ich als N-Fanboy leidenschaftlich gehasst, also musste Segas Dreamcast her – außerdem lockten die Terrae Incognitae des mir damals neuen Internets. Dreamcast-Games wurden damals sehr fix im Preis reduziert, und so fielen mir auch ein paar Shmups in die Hände. Giga Wing habe ich damals mit großem Spaß, aber komplett ohne Ehrgeiz gespielt. Ich mochte die Schildmechanik und die schön inszenierten Bomben, bin aber mit der Bullethell nicht klargekommen. Also habe ich fleißig Schild und Bomben im Wechsel benutzt bis die Bomben leer waren. Dann ein schnelles Bombensterben und weiter ging der bunte Spaß. Weder Score noch 1CC haben mich interessiert.
Als das Start-Lineup des Gamecubes mich massiv enttäuschte, wurde das hierfür gesparte Geld kurzerhand in eine Playstation 2 investiert. Ich hatte via Bleemcast-Emulator begeistert Metal Gear Solid gespielt und war ganz begierig auf den zweiten Teil. Hier suchtete ich alles was neu und glänzend war, holte aber auch einige verpasste RPG-Perlen der PS1 nach.
Etwa um 2003 herum kam die große Langeweile über mich. Ich war angeödet von den immer gleichen Egoshootern und Action-Adventures der PS2. Ich überlegte sogar kurz mit dem Daddeln ganz aufzuhören. Dann probierte ich in der Anspielstation meines Stamm-Gamerladens ein Spiel aus, das mein Zockerleben für immer verändern sollte: Contra Shattered Soldier (Shin Contra für die Japan-Nerds). Was für eine Offenbarung! Es war k(n)ackschwer, dynamisch und herrlich abwechslungsreich“ Und es ließ sich perfekt lernen. Mich faszinierten die Pixelgenaue Steuerung und die Tatsache, dass trotz des hohen Schwierigkeitsgrades jeder Bildschirmtod meine eigene Schuld war. Ich war sofort Feuer und Flamme – und ich wollte mehr!
Die Zeitschrift Maniac hatte damals eine Heft-DVD, die manchmal auch Superplays enthielt. Irgendwann war hier mal ein beeindruckender 1CC von DoDonPachi DaiOuJou dabei. Ich schaute das Video und war zunächst ernüchtert. „Pfff! Sieht ja nicht so geil aus. Ist bestimmt vom Saturn. Schaut ja auch für Saturn nicht dolle aus. Und überhaupt, was sollen die vielen Kugeln? Schafft doch kein Mensch!“ – das waren meine Gedanken.
Irgendwann schaute ich das Video ein zweites Mal. Langeweile oder Zufall, ich weiß es heute nicht mehr. Aber da hat es Klick gemacht – ich sah die Muster! Fortan wurde das Video immer wieder geschaut, die Muster faszinierten mich. Und wieder sah ich die Fairness und die Schaffbarkeit selbst in krassesten Situationen. Ich verliebte mich auch bald in den Soundtrack und das Artdesign. Das war hochkomprimiertes Spieldesign auf allerkleinstem Raum, jeder Zentimeter einer Stage war vollgestopft mit Liebe. Das Spiel musste her! Und zwar nicht auf einer winzigen und anfälligen CD, ich brauchte die Platine! Ich war damals begeistert vom Neo Geo und seinen Backsteingroßen Modulen, mit simplen Discs durfte mir da keiner kommen. Ich ließ mir eine MAK zusammenschrauben und drehte meine alte Röhre. Das war mein Einstieg in die Welt der Arcadeplatinen. Ich habe tolle Menschen kennengelernt, mit einigen bin ich heute noch befreundet. Und ich habe alles gezockt was ich kriegen konnte. Irgendwann hatte ich zwei Automaten und eine fast komplette Sammlung Cave-PCBs.
Heute bin ich wieder etwas mehr zu den „traditionellen“ Videospielen zurückgekehrt. Konsolenspiele haben heutzutage ein Level an Benutzerfreundlichkeit und Bedienkomfort erreicht um auch mir als Arcade-Enthusiasten eine Menge Spaß zu machen. Trotzdem hat das Bullethell-Genre einen festen Platz in meinem Herzen. Klar dass jede Neuerscheinung ausgiebig gezockt wird. Auch die Automaten werden immer wieder mal befeuert. Eine Runde Ketsui am Atomiswave SD ist immer noch ein ungeschlagener Energiekick.
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